BIANCHI tröstet die Tifosi

Sie können also doch noch Rennen gewinnen, die Teutonen im Dienste des italienischen Vorzeige-ProTourTeams BIANCHI. Rolf WOLFSHOHL und Klaus-Peter THALER waren diejenigen, die es am Ende dieser vierten und letzten GIRO-Etappe ganz oben auf’s Treppchen schafften und ihrem Sportlichen Leiter Torsten Maferro (hier gemeinsam mit der Wetterfee Sonne Oda Regen) eine große Last von den Schultern nahmen (eine Last, die ihn zuletzt so bedrückt hatte, dass er sogar mit einem Bandscheibenvorfall darnieder lag)…

Auf dem Krankenlager zu sportlicher Untätigkeit verdammt, hatte Maferro die Zeit jedoch genutzt, um an einer Teamtaktik zu feilen und sich eine Strategie zurecht zu legen, die dieses Mal perfekt aufging.

Es begann damit, dass Bianchi-Sprinter Rik II. VAN LOY sich gemeinsam mit Francesco MOSER* (unten im blauen Trikot, gerade einen guten Schluck aus der Verpflegungsflasche nehmend…) schon vom Start weg an die Spitze setzte und das Tempo diktierte.

Im ersten kurzen Anstieg des Tages kam dann auch schon die Attacke - durch eine konzertierte Team-aktion (3x3) zog VANLOY seinen Kapitän Wolfshohl und Thaler mit nach vorne, und diese nutzten den schwung, um sofort zu attackieren. Die übrigen Favoriten waren eingeklemmt im Hauptfeld und mussten die beiden Bianchi-Männer ziehen lassen. Nur MOSER* setzte beherzt (und weiterhin trinkfest) hinterher.

Werner Post, sportlicher Leiter von WERNER-television, konnte das zunächst nur staunend mitansehen und musste mit Unbehagen feststellen, dass sein Kapitän Joop ZOETEMELK, im Gesamtclassement nach der dritten Etappe noch auf Platz zwei liegend, den Start verschafen hatte und auf einmal im Peloton über eine Minute hinter Ausreisser WOLFSHOHL zurücklag. Ebenso erging es dem Mann im rosa Trikot des Führenden, Jens VOIGT, der weniger Rolf Wolfshohl als eben ZOETEMELK im Auge behalten wollte, da allein der Niederländer, so dachte er, ihm noch gefährlich werden konnte.

Aber auch VOIGT wurde angesichts der Entschlossenheit der Bianchi-Männer, die wie eine gut geölte Dampfmaschine ihre Teamstrategie auf die Straße fuhren, zunehmend nervös… - sollte ihm der alte Querfeldeinfahrer WOLFSHOHL tatsächlich noch das maglia rosa entreissen können??!

Immerhin - bis zum Fusse des zweiten Anstiegs in der MItte des Rennens, hatte das Peloton die Ausreisser wieder eingeholt. Bei unaufhörlich hernieder prasselndem Regen  (die junge Wetterfee SONNE ODA REGEN gab sich alle Mühe - aber es wollte ihr einfach kein Wetterwechsel gelingen…) waren alle Fahrer ständiger Sturzgefahr ausgesetzt, die manch einer nur unter Aufwendung letzter Energiereserven zu verhindern wusste. Andere, wie den wieder einmal mit sichtlichem Übergewicht ins Rennen gegangenen und auch darum wohl eine unglückliche Figur abgebenden JAN ULLRICH, traf es gleich mehrmals.

Im zweiten Anstieg dieser leicht hügeligen Flachetappe vollendete Torsten Maferro dann das Werk, indem er THALER und WOLFSHOHL erneut attackieren ließ. Diesmal war auch WERNER-Television auf der Hut und konnte die Attacke mitgehen. Im Hauptfeld, dass innerhalb kürzester Zeit auf 40 Sekunden zurückfiel, musste JENS VOIGT nun unterstützt von seinem Teamkapitän THEVENET, darum kämpfen, den Rückstand auf seine beiden gefährlichsten Rivalen nicht zu groß werden zu lassen… immerhin war er mit gut zweieinhalb Minuten Vorsprung auf Zoetemelk in’s Rennen gegangen - und dieses Polster schien nicht in Gefahr zu sein…

Doch BIANCHI ging es weniger um den Gesamtsieg - sie wollten heute demonstrieren, dass sie noch rennen gewinnen können - und zwar in eindrucksvoller Manier: dem starken letzten Antritt der beiden Querfeldeinspezialisten Wolfshohl und Thaler konnte keiner mehr folgen. Bei immer noch strömendem Regen riskierte vor allem Klaus-Peter THALER Kopf und Kragen, da er seinen Kapitän geschickt über das regennasse Pflaster lotste und ihm am Ende - ganz im Sinne des selbstlosen Edeladjudanten - auch den Etappensieg überließ, der WOLFSHOHL - zusammen mit der beim Zwischensprint gewonnen Bonifikation von sechs Sekunden - insgesamt 16 Sekunden Zeitgutschrift einbrachte. Da ZOETEMELK erst 20 Sekunden hinter Wolfshohl und Thaler als Dritter in’s Ziel einfuhr, fiel er auch in der Gesamtwertung noch hinter Wolfshohl auf den dritten Platz zurück!

Und auch wenn der dominante Fahrer dieser Saison 2020 JENS VOIGT letztlich ungefährdet auch den Gesamtsieg beim GIRO für PEUGEOT holte - Torsten Maferro durfte heute mehr als zufrieden gewesen sein - denn er hatte seinen Fans - vor allem den TIFOSI bei ihrem nationalen Radsport-Heiligtum  - einen versöhnlichen Saisonausklang beschert!